Das Ziel der Jusos ist es seit langem, das Bildungssystem in unserer Region hin zu mehr Chancengleichheit zu gestalten. Das dreigliedrige Schulsystem ist in unseren Augen ungerecht, sozial selektiv und in internationalen Vergleichen nicht erfolgreich. Nach oben ist es kaum durchlässig und lässt Aufstieg selten zu.  Die Ergebnisse für Nordrhein-Westfalen sind besorgniserregend. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt hat die soziale Herkunft hier einen besonders großen Einfluss darauf, welche Schulform Kinder nach der Grundschule besuchen. Deshalb fordern wir mehr Gesamtschulen, gute pädagogische Konzepte und vor allem längeres gemeinsames Lernen. Das bedeutet auch, dass wir aktiv und vehement für das Einreißen aller Bildungshürden kämpfen.  Alle Mitglieder unserer Gesellschaft sollen die Möglichkeit haben, den Bildungsweg erfolgreich zu beschreiten, den sie anstreben. Wir treten also für ein Bildungssystem ein, das allen ermöglicht, ihr Potential sowohl zu erkennen, als auch auszuschöpfen.  Bildung ist eine zentrale Aufgabe und Herausforderung für unsere Gesellschaft. Ein großes Potential an gut ausgebildeten und qualifizierten Arbeitskräften ist ein wichtiger Faktor für unsere Wirtschaft. Familien lassen sich bei ihrer Entscheidung, wo sie leben und arbeiten wollen, vom Bildungsangebot in der Region leiten. Daher kommt der Bildung für die Zukunftsgestaltung der Menschen, die hier im Rhein-Sieg-Kreis leben und arbeiten, eine herausragende Bedeutung zu. Wenn Bildung als eine zentrale Aufgabe verstanden wird, dann muss die Konsequenz sein, dass wir alle Kräfte zusammenführen und unser Bildungssystem weiter verbessern. Die Investitionen in Bildung, die Stärkung der Bildungsregion heute, bedeutet die Vermeidung von gesellschaftlichen Folgekosten einer verfehlten Politik von morgen.

Im Rhein-Sieg-Kreis sinken Schülerzahlen seit Jahren, was natürlich deutliche Auswirkungen auf unsere Schullandschaft hat. Wie sich der Rückgang auf die Kommunen von Rheinbach bis Windeck verteilt, ist nicht abzusehen. Es ist davon auszugehen, dass es vor allem die ländlichen Kommunen stärker treffen wird. Diese Umstände und Bedürfnisse einer Kommune müssen bei der passenden Schullösung berücksichtigt werden. Dazu gehört die frühe Einbindung der Eltern vor Ort. Denn diese sind der Schlüssel für eine positive Entwicklung. Die fehlende Akzeptanz der Eltern vor Ort lässt jeden Versuch für eine bessere Schullandschaft in der eigenen Region scheitern. Denn Schulen werden vor Ort entschieden. Wir haben in der Gemeinde Eitorf die positive Erfahrung gemacht, dass die Einbindung der Eltern durch Befragungen und vor allem wenn es um das pädagogische Konzept geht, eine höhere Akzeptanz erzeugt. Die Hürden für die Einrichtung einer neuen Schulform lassen sich dadurch besser nehmen. Dem demografischen Wandel und den Bedürfnissen ländlicher Kommunen kommt die Sekundarschule als mögliche neue Schulform entgegen. Das heißt nicht, dass wir Jusos mit dem „Schulkonsens“ als Ganzes zufrieden sind! Jedoch müssen wir mit diesen Bedingungen das Beste vor Ort erreichen und gestalten.

Der von SPD, Grünen und der CDU am 19. Juli 2011 geschlossene Kompromiss, der „Schulpolitischer Konsens für Nordrhein-Westfalen“ genannt wird, erfüllt unsere Erwartung nach besten Bildungschancen nicht. Wir können uns als Jusos mit dem Schulkompromiss in NRW nicht zufriedengeben, müssen ihn aber mitgestalten. Deswegen ist es wichtig, zu schauen, wie der Kompromiss vor Ort ausgestaltet wird.

Dieser „Schulfriede“ wurde in kleiner Runde ausgekungelt und ohne Beteiligung  der Partei entschieden. Das Verfahren ist fatal, zumal die SPD sich zuletzt besonnen hatte, ihre Mitglieder wieder mehr zu beteiligen. Deswegen lautet unsere Forderung ganz klar, dass die Partei der Ort der richtungsweisenden inhaltlichen Beschlüsse und Entscheidungen sein muss.

Zu den Vorteilen dieses Konsenses gehört es, dass der Bestand der Hauptschule aus der Verfassung gestrichen wird und die CDU erstmals einer Form des längeren gemeinsamen Lernens zustimmt. Wir wissen aus praktischer Erfahrung in unserer Region, dass die CDU sich oftmals massiv bei diesem Thema verschlossen hat und immer noch verschließt. Im Rhein-Sieg-Kreis haben wir die bittere Erfahrung machen müssen, dass nötige Gesamtschulen gescheitert sind, weil die Konservativen sich jahrelang bei diesem Thema versperrten und blockierten.  Immer mehr CDU-Bürgermeister fordern nun auch endlich Schulen, die ein längeres gemeinsames Lernen ermöglichen. Nach der Atomkraft wirft die CDU damit nun endgültig einen weiteren langjährigen Kern ihrer Programmatik über Bord: Das dreigliedrige Schulsystem. Gut so!

Leider überwiegt unsere Kritik zu diesem Kompromiss. Das liegt beispielsweise daran, dass es keine eigene Oberstufe in der Sekundarschule gibt und kein verpflichtendes gemeinsames Lernen bis zur 10.Klasse. Das gegliederte Schulsystem bleibt weiter bestehen und wird sogar durch eine weitere Schulform ergänzt. Die Idee einer Gemeinschaftsschule für alle ist zunächst vom Tisch. Für die Inklusion gibt es immer noch kein umfängliches  Konzept, nur Willensbekundungen. Der Ganztag ist nach wie vor nicht gesetzlich ausgestaltet.

Es gibt also weiterhin viel, für das wir kämpfen müssen. Unser „Kampf“ um die richtige Schulpolitik endet also nicht mit diesem Kompromiss. Er beginnt erst. Und er kann nur von allen Jusos gemeinsam gewonnen werden, also diskutiert mit.

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